Liebeserklärung an die Eider

Zum dritten mal waren wir just unterwegs auf der Eider am Beginn unseres 4-wöchigen Sommertörns. Wir lieben dieses oftmals verkannte Revier.

Giselauschleuse am gleichnamigen kurzen Verbindungskanal zwischen Eider und Nord-Ostsee-Kanal

Allgemeine Infos zur Eider

Vorweg ein paar Infos zur Eider. Sie entspringt grob gesagt südlich von Kiel aus zwei Seen. Wir haben stets nur den für größere Boote schiffbaren Abschnitt zwischen dem Gieselau-Kanal nebst gleichnamiger Schleuse am Nordostseekanal und dem Eidersperrwerk befahren. Um diesen Abschnitt geht es hier. Die Eider unterteilt sie sich in die Binneneider (von der Quelle bis zur Schleuse Nordfeld) und die Tideneider (von der Schleuse Nordfeld bis zum Eidersperrwerk). Die Binneneider ist kein Gezeitengewässer. Nach unseren Erfahrungen ist die Wassertiefe hier konstant tiefer als 2,50 m. Damit ist der hier besprochene Abschnitt auch mit Festkielyachten gut befahrbar.

Erster Besuch 2022

Unser erster Besuch war im Frühsommer 2022. Damals haben wir von Horumersiel aus kommend via Helgoland die Eider vom Eidersperrwerk aus befahren. Nach einem ersten Aufenthalt in Tönning ging es nach Friedrichstadt. Von dort stand eine Stippvisite der Binneneider auf dem Programm. Nach Passieren der Schleuse Nordfeld suchten wir uns dort recht kurz hinter der Schleuse eine Ankerstelle. Am nächsten morgen ging es bereits zurück nach Tönning. Es war also eher ein Kurzbesuch. Gleichsam war es der Auftakt zu einer Liebesbeziehung. 

Zweiter Besuch 2024

Mit dem zweiten Besuch ließen wir 2024 unseren Ostsee-Sommertörn ausklingen. Von Kiel kommend führte uns unser Weg durch den NOK (Nord-Ostsee-Kanal) bis Rendsburg. Dort standen wir vor der Entscheidung für die Rückroute nach Varel. Aufgrund der Windverhältnisse erschien der übliche Rückweg von Cuxhaven nach Varel zwar machbar aber nicht geboten. Der starke Nordwestwind hätte insbesondere die Ausfahrt aus der Elbe bei Wind gegen Strom sehr unangenehm gemacht. Die Gefahren durch das sehr raue Anbolzen gegen Wind und Welle unter Motor sind bei diesen Verhältnissen nicht zu unterschätzen. Das ist – wenn überhaupt – nur mit hochseetauglichen Yachten empfohlen. Der Rückweg hingegen von der viel weiter nördlich gelegenen Eidermündung in den Jadebusen war bei diesen Verhältnissen gut in einem Tagesschlag machbar. Von dort ist der Generalkurs in den Jadebusen Südsüdwest. 

Diese Entscheidung bescherte uns nun die erste vollständige Durchfahrt der Eider vom NOK in Richtung Eidersperrwerk. Allerdings wurde sie überschattet von den damaligen technischen Problemen an der Eisenbahnbrücke Friedrichstadt. Nur dreinmal in der Woche wurde für jeweils eine Stunde eine Durchfahrt ermöglicht. Für die Öffnung war zu dieser Zeit – wie wir vom Hafenmeister in Tönning erfuhren – zusätzlich zum diensthabenden Fahrdienstleiter ein weiterer Mitarbeiter erforderlich, welcher zu jeder Öffnung extra anreisen und bei der Öffnung von Hand Einstellungen im Technikraum der Brücke vornehmen musste. Aufgrund Personalmangels war die Konsequenz aus diesem Umstand die drastische Reduzierung der Öffnungszeiten.

Eisenbahn-Drehbrücke Friedrichstadt – Nadelöhr 2024

Aufgrund gleichzeitiger gehäufter technischer Probleme an der Gieselauschleuse stand – so wurde uns damals erzählt – sogar die Befahrbarkeit der Eider vom NOK bis zum Eidersperrwerk generell vor dem Aus. Wehmütig sahen wir dem Ende unserer Beziehung entgegen.  

Dritter aktueller Besuch im August 2025

Der dritte Besuch der Eider stellte wie eingangs gesagt den Beginn unseres aktuellen 4-wöchigen Sommertörns dar. Auch diesmal war es eine Plan B-Entscheidung, diesen Weg zu wählen.

Wir waren bereits gedanklich auf dem Weg zum dänischen Hafen Thyborøn. Von dort aus wollten wir Dänemark durch den Limfjord in Richtung Ostsee durchqueren. Leider hat uns die Wetterentwicklung erneut einen Strich durch die Rechnung gemacht. Bei ausschließlich kräftigen N- bzw. NW-lichen Winden wäre es eine mehrtägige Kreuzerei geworden. So kam es, dass wir bei Amwindkurs mit Windgeschwindigkeiten von zum Teil mehr als 25 kn voll gerefft den geplanten Schlag von Wangerooge zu den Nordfriesischen Inseln abbrachen und die Eider ansteuerten. Dies geschah mit dem Ziel, den Limfjord statt von der Nordsee aus von der Ostsee und dafür den NOK Richtung Kiel zu befahren.  Südlich von Sankt Peter Ording führt einen das Fahrwasser weit hinein bis zum Eidersperrwerk. Die dortige Schleuse ist 24 Stunden besetzt. Wir erreichten sie in der Nähe des Niedrigwassers bei Eintreten der Dämmerung. 

Nach der Ausfahrt aus der Schleuse beginnt die bezaubernde Welt der Eider. Breit fließt die Tideneider bei hohem Wasserstand dahin. Das zuweilen enge aber gut betonnte Fahrwasser mäandert stark. Um das Niedrigwasser herum steigen die Uferbereiche steil herauf und sind von unzähligen Vögeln verschiedenster – auch seltener – Arten bevölkert. Die Tonnen des Fahrwassers sind fast ausschließich unbeleuchtet. Die Befahrung bei Nacht ist unter Radar problemlos möglich. Ohne Radar raten wir jedoch von der nächtlichen Befahrung ab.

Schon nach wenigen Meilen wird die Hafenstadt Tönning erreicht. Aufgrund einer Barre bei der Einfahrt, welche bei Niedrigwasser trockenfällt, wird man unter Umständen gezwungen, das steigende Wasser ankernd abzuwarten. Ankern ist nahezu überall in der Eider erlaubt und bei gutem Ankergeschirr unproblematisch. Allerdings ist der Tidenstrom zu beachten. In der Nähe der diversen Brücken wird es bei Motorausfall und gleichzeitig nicht zuverlässig haltendem Anker gefährlich.

Mit der Lankenau war es uns aufgrund des minimalen Tiefgangs von 0,90 m bereits eine Stunde nach Niedrigwasser möglich, uns in die Hafeneinfahrt zu schieben und einen Liegeplatz an einem der Schwimmstege zu finden. Wie man aus der stets empfohlenen Lektüre eines Revierführers entnehmen kann, muss man sich dabei extrem rechts halten, um nicht auf Grund zu laufen.

Schwimmstege in Tönning

Die Freude über den direkt erhaltenen Liegeplatz an den völlig leeren Schwimmstegen war zunächst groß. Sie wich aber zusehends der Sorge, dass die in 2024 erfahrenen Unkenrufe nach Schließung der Befahrbarkeit der Eider vielleicht umgesetzt worden waren. Wir hätten mit Zitronen gehandelt und die Alternativroute über die Eider zum NOK wäre obsolet gewesen. 

Zwar war mir von der Lektüre der BfS (Bekanntmachungen für Seefahrer) keine diesbezügliche Brückensperrung erinnerlich, aber das Fehlen von Fahrtenyachten im Hafen von Tönning machte uns stutzig. Ein Aushang am Hafenmeisterhaus brachte erlösende Gewissheit: alle Brücken und Schleusen sind ordnungsgemäß in Betrieb. Somit stand also der zweiten vollständigen Durchfahrt der Eider – allerdings nun in Richtung NOK – nichts im Wege.

Was macht die Eider aus?

  • Zunächst mal wird aus unseren letzten zwei Besuchen deutlich, dass die Eider in Bezug auf das Wetter eine echte Alternative zum vollständigen Durchfahren des NOK darstellt. Allerdings kostet die Durchfahrt aufgrund der vielen Brücken und Schleusen Zeit – immerhin ist von der  Gieselauschleuse bis zum Eidersperrwerk eine Strecke von 87 km zurückzulegen. Hierbei werden 3 Schleusen und 4 Klapp- bzw. Drehbrücken passiert. Die Durchfahrt ist jedoch mit zwei Übernachtungen zu schaffen. Vom Eidersperrwerk kommend kann man z. B. zunächst in Tönning übernachten und sich im hinteren Teil der Binneneider ein schönes Ankerplätzchen suchen. Am nächsten Tag kommt man inklusive evtl. Tankstopp in Rendsburg bis Kiel-Holtenau.
  • Die Eider ist ein wunderbar ruhiges Revier. Wer Entspannung und Entschleunigung sucht, ist hier richtig. Außer in Tönning und Friedrichstadt ist man mit größeren Yachten auf Ankern angewiesen, was zur Entschleunigung beiträgt. 
Ankern ist überall möglich
Seerosenidylle
Einer der vielen kleinen Häfen in der Binneneider – leider für größere Yachten zu klein
Schöpfwerk
  • Die Eider ist nahezu frei von Berufsschifffahrt. Sie ist geprägt von Fremdenverkehr und bietet eine Vielzahl von Wasserwanderplätzen für kleine Boote und Kanus. Alles in allem ist es aber immer ruhig und beschaulich.
  • Das Revier eignet sich gut, um Erfahrung mit Tidengewässern sowie Schleusungen zu sammeln. Die Passage der Brücken und Schleusen ist auch für unerfahrene Segler nach entsprechender Vorbereitung und bei passender Ausstattung problemlos möglich. Aufgrund des niedrigen Verkehrsaufkommens kann man hier entspannt üben.
Schleusenkammer der Gieselauschleuse
Schleusenkammer am Eidersperrwerk
Schleuse Nordfeld
  • Zwei attraktive Orte warten auf einen Besuch.
    • Tönning ist vom Eidersperrwerk kommend nach wenigen Meilen der erste ansteuerbare Ort. Der bei Kilometer 100 liegende Tidenhafen verfügt über Schwimmstege für Gastlieger. Strom und Wasser sind in unmittelbarer Nähe zu den Schwimmstegen gelegen. Exzellent gepflegte sanitäre Anlagen gibt es im Gebäude des Hafenmeisters, welcher immer für ein Schwätzchen zu haben ist. Siehe hierzu https://toenninger-yachtclub.de/. Im Ort gibt es eine Vielzahl schöner Geschäfte. Kulinarisch können wir das „Cafè Eles alte Werft“ mit wunderbarem Blick auf den Hafen empfehlen. Hier gibt es Kaffee und Kuchen, Eis, aber auch Snacks. Ansonsten empfehlen wir, sich bei der Fischereigenossenschaft einen leckeren Fisch mitzunehmen. Hier steht man allerdings schon mal eine halbe Stunde in der Schlange an. Es lohnt sich aber.
Im Hafen von Tönning
Cafè Eles alte Werft mit Blick auf den Hafen
Hafen bei Niedrigwasser mit Blick auf die Fischreigenossenschaft
Blick auf das alte Speichergebäude
  • Friedrichstadt erreicht man bei Kilometer 84. Nimmt man sich mehr Zeit für die Eiderreise, sollte man diesem schmucken Luftkurort Friedrichstadt unbedingt einen Besuch abstatten. Man erreicht ihn über eine separate Schleuse. Der Yachthafen ist klein und bei Breite ab 4 Meter wird es schwierig, eine passende Box zu finden. Wir sind mit unserer Lankenau so gerade reingekommen (vgl. Schiffsdaten der Segelyacht Lankenau). Friedrichstadt erinnert aufgrund der Grachten und des Reißbrett-Stadtplans an holländische Städte. Das lässt sich aus der hochinteressanten Stadtgeschichte erklären. Wir empfehlen, sich mit dieser mal näher zu befassen. Friedrichstadt ist auch Stadt der Rosen. Insbesondere im Juni ist die Stadt durch die überall blühenden Rosen hunderter verschiedener Arten geschmückt.  Außerdem gibt es zahllose gute Cafès und Restaurants sowie auch eine Vielzahl schöner Läden. Man kann gut und gerne ein bis zwei Tage hier verbringen.
Eine Gracht in Friedrichstadt
Der Yachthafen von Friedrichstadt
Rosenparadies Friedrichstadt
Viele Häuser sind mit Rosen geschmückt

  • Die Eider beheimatet zahllose Vogelarten. Insbesondere um Niedrigwasser herum tummeln sich die Vögel in den dann freiliegenden Uferzonen. Ornithologen und Naturkundler kommen hier voll auf ihre Kosten. 
Paradies für Ornithologen
  • Einen Nachteil müssen wir erwähnen. Die Wasserqualität ist insbesondere in der Binneneider nicht sonderlich gut. Offenbar wird viel Gülle eingeleitet. Das sonst beim Ankern übliche Schwimmen haben wir deshalb gelassen.

Fazit

Es lohnt sich, sich mit dem Eiderrevier zu befassen – ob für einen längeren Aufenthalt oder eine alternative Durchreise zwischen Nord- und Ostsee.

Abendstimmung beim Ankern in der Nähe der Schleuse Nordfeld